Es gibt Momente in Leben, die sind so intensiv, so gefühlt einzigartig, so besonders. Die Dimension(en) erschließen sich jedoch erst oft später. Manchmal Jahre später. Wenn einem zum Beispiel dann bewusst wird, d. alles darauffolgende „Vergleichbare“ null und nichtig ist.
Manchmal ertappt man sich dann dabei, an derartige wohltuende Erlebnisse anknüpfen zu wollen, weil man bewusst oder unbewusst eine Art Wiederholung herbeiführen möchte. Zumeist ohne Erfolg.
Denn wenn Menschen – ich würde von spirituellen Momenten oder Erlebnissen sprechen – diese göttlichen Erfahrungen machen, bleibt nicht nur (vermeintlich) die Zeit stehen – nein, die Tiefe an Glückseligkeit und Verbundenheit überwiegt alles. Und jene Momente „passieren“ nur und dann, wenn wir gerade mal nicht etwas wollen – schneller, weiter, höher – sondern wenn wir uns offen und absichtslos einlassen auf den Moment, die Situation, in tiefstem Urvertrauen. Wenn es uns gelungen ist, unseren klugen Geist und Intellekt, unsere Muster und Glaubenssätze ruhen zu lassen. Wenn wir unserer Intuition vertrauen und loslassen. Jedwede Erwartung, jedwede Wünsche.
Die Frage ist, da wir diese schönen Momente zumindest (er-/be-)halten wollen, wie damit umgehen? Weil sie eben so glücklich gemacht haben. Insbesondere wenn wir bis aufs Tiefste in unserer Seele berührt waren. Wenn wir ehrlich zu uns sind, ganz ehrlich, wahrhaftig, aufrichtig, dann wissen wir sehr wohl, wann und wie oft wir bei jeder vergleichbaren und teils künstlich herbeigeführten Situation Kompromisse machen. Daraufhin dann auch eher enttäuscht sind.
Genaugenommen handelt es sich bei jedem weiteren Versuch final dann „nur“ um einen Abklatsch und alles wirkt bei aufrichtiger Betrachtung fast lächerlich (gut, wer es dann auch mit Humor nehmen kann). Es gilt vielleicht – auch deshalb – die wahrhaft göttlichen und zauberhaften Momente des Lebens im Bewusstsein zu halten, auch wenn der empfundene Schmerz mit von der Partie ist und Ihnen eine Form des Ausdrucks zu geben, sie damit zu verarbeiten und zu integrieren bzw. integriert halten zu können. Sie zu hüten wie einen Schatz. Mensch kann sie sammeln. Malen, musisch wirken, darüberschreiben und einiges mehr. Eine Art Lebens-Archiv der persönlichen glückseligen Momente erschaffen. Sie nicht in der Versenkung verschwinden lassen.
Dieses Archiv und ihre Einmaligkeit gilt es – insbesondere mit Laufe fortschreitenden Lebensalters – als Geschenke wahrzunehmen. Sie sind es, die uns unser Sein und den Sinn unseres Lebens, unseres Daseins – retrospektiv auch in neuen Kontexten betrachtet nicht nur besser verstehen lassen – nämlich rückwärts verstanden – und uns weiter vorwärts lebend, auch weiter zufrieden und in Dankbarkeit leben lassen können. In Respekt und Wertschätzung. Jeden Tag erneut – in tiefer Dankbarkeit für das Wunder des Lebens, der eigenen Existenz und ihrer Einmaligkeit.
Schirin Schahbaz, geschrieben während des retreats in Stille, auf dem „Hof der Stille“ in Gülpe, im Havelland, Aufenthalt 14. – 20. August 2024